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Elternschaft im 21. Jahrhundert – die Leihmutterschaft und das deutsche Recht

In Zeiten, in denen (fast) jeder Kinderwunsch irgendwie erfüllbar ist, ist die rechtliche Zuordnung eines Kindes zu seinen Eltern nicht immer unproblematisch. Dies gilt insbesondere in Fällen der Leihmutterschaft. Paare, die eine solche in Erwägung ziehen, sollten sich der rechtlichen Problematiken bewusst sein, die sich selbst dann ergeben, wenn die Leihmutter das Kind in einem Land austrägt, in dem die Leihmutterschaft – im Gegensatz zu Deutschland – rechtlich zulässig ist.

Mutterschaft zu einem von einer ausländischen Leihmutter geborenen Kind

Mit Beschluss vom 20.03.2019, Az. XII ZB 530/17, hat der BGH über den Fall eines deutschen Ehepaares entschieden, das ein Kind von einer ausländischen – hier: ukrainischen – Leihmutter austragen ließ. Gegenstand der Entscheidung war im Wesentlichen, ob das Kind abstammungsrechtlich der ukrainischen oder der deutschen Rechtsordnung unterfällt. Vollkommen unproblematisch war die Vaterschaft des Wunschvaters zu bejahen, da dieser kraft seiner Vaterschaftsanerkennung sowohl nach ukrainischem als auch nach deutschem Recht die rechtliche Vaterschaft begründete. Problematisch war jedoch die Frage der rechtlichen Mutterschaft. Nach ukrainischem Recht ist die Leihmutterschaft zulässig und damit die Wunschmutter auch rechtliche Mutter. Hingegen ist nach deutschem Recht rechtliche Mutter einzig die Frau, die das Kind geboren hat (§ 1591 BGB) und demnach die Leihmutter.

Der BGH kam in dem entschiedenen Fall zu dem Ergebnis, dass sich die Frage der Abstammung des Kindes und der Mutterschaft nach dem deutschen Recht bestimmt. Maßgeblich hierfür ist, wo sich der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes befindet. Dieser bestimmt sich nach dem Schwerpunkt der Bindungen der betroffenen Person, also ihrem Daseinsmittelpunkt. Bei minderjährigen Kindern, insbesondere bei Kleinkindern, ist in der Regel auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Bezugspersonen des Kindes, die es betreuen und versorgen, abzustellen. Hiernach ist in dem zugrunde liegenden Fall der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes in Deutschland. Dies ergibt sich zum einen aus der sozialen Integration des Kindes im Umfeld der Wunscheltern. Diese haben das Kind alsbald nach Geburt an sich genommen und nach Deutschland gebracht, wo es auch im Einvernehmen mit der Leihmutter bleiben sollte. Auch rechtliche Gründe standen nicht entgegen. Zum einen ist der Wunschvater sowohl nach ukrainischem als auch nach deutschem Recht aufgrund seiner Vaterschaftsanerkennung rechtlicher Vater des Kindes und damit sorge- und entscheidungsbefugt. Darüber hinaus war die ukrainische Leihmutter nicht in ihren Rechten verletzt, da ihr nach ukrainischem Recht das Sorgerecht an dem Kind ohnehin nicht zustand. Schließlich besitzt das Kind die vom Wunschvater abgeleitete deutsche Staatsangehörigkeit und hielt sich demnach von Anfang an rechtmäßig in Deutschland auf.

Nach alledem kam der BGH im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung zu dem Ergebnis, dass hier deutsches Recht Anwendung findet, so dass rechtliche Mutter des Kindes die Frau ist, die es geboren hat und damit die Leihmutter, nicht die Wunschmutter.

Anerkennung einer ausländischen Gerichtsentscheidung in Bezug auf Wunscheltern

Anders verhält es sich dagegen in den Fällen, in denen bereits eine ausländische Gerichtsentscheidung über die Zuordnung des Kindes zu seinen Wunscheltern erging. Eine solche ist nach dem BGH der Anerkennung in Deutschland zugänglich, wenn ein Wunschelternteil mit dem Kind genetisch verwandt ist (Beschluss v. 10.12.2014 – XII ZB 463/13). Der BGH begründet dies damit, dass im Falle einer gerichtlichen Entscheidung die biologische Mutter noch mit zeitlichem Abstand erneut bestätigt habe, dass sie das Kind tatsächlich hergeben möchte. Hierin liege eine dem Adoptionsverfahren vergleichbare Situation. In einer solchen Konstellation ist die Entscheidung über die Elternschaft der Wunscheltern in Deutschland anzuerkennen mit der Folge, dass die Wunscheltern auch rechtliche Eltern nach deutschem Recht sind.

Fazit und Ausblick

Während die rechtliche Vaterschaft zu einem von einer Leihmutter geborenen Kind nach deutschem Recht einfach durch Vaterschaftsanerkennung vor öffentlichen Stellen – mit Zustimmung der Leihmutter und unter der Voraussetzung, dass diese zum Zeitpunkt der Geburt nicht verheiratet war- begründet werden kann, sieht es bei der rechtlichen Mutterschaft schon anders aus. Mutter ist einzig die Frau, die das Kind geboren hat. Die Leihmutterschaft ist und bleibt nach deutschem Recht verboten. Der deutsche Gesetzgeber hat sich zugunsten einer klaren Zuordnung eines Kindes zu einer Mutter hierfür entschieden, da die Frage der Identität eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition des Kindes ist. An diesem grundsätzlichen Verbot soll sich auch über den Umweg in eine andere Rechtsordnung, die die Leihmutterschaft erlaubt, nichts ändern. Damit gilt eine Frau, die ihr Kind von einer Leihmutter hat austragen lassen, in Deutschland nicht als rechtliche Mutter des Kindes und zwar unabhängig davon, ob die Leihmutterschaft in dem Land, in dem die Leihmutter lebt und das Kind geboren wurde, zulässig ist. Entscheidend sind alleine die Bestimmungen des deutschen Rechts, wenn das Kind in Deutschland seinen Lebensmittelpunkt hat. Der Wunschmutter bleibt in solchen Fällen lediglich der Weg über ein Adoptionsverfahren.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn eine ausländische Gerichtsentscheidung vorliegt, die die Elternschaft den Wunscheltern zuweist. Eine solche ist in Deutschland grundsätzlich der Anerkennung zugänglich, jedenfalls dann, wenn das Kind von einem Elternteil genetisch abstammt. Damit gelten die Wunscheltern auch in Deutschland als rechtliche Eltern.

Ein vom BJMV beauftragter Arbeitskreis, der sich jüngst mit Reformmöglichkeiten des Abstammungsrechtes befasste, kam in seinem Abschlussbericht zu dem Ergebnis, dass es dem Wohle des Kindes am besten entspricht, wenn Mutter eines Kindes weiterhin die Frau ist, die es geboren hat. Eine hiervon abweichende Regelung, um in Fällen der Leihmutterschaft die Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern zu erleichtern, komme so lange nicht in Betracht, so lange diese nach deutschem Recht noch verboten sei, um ein „Aushebeln“ dieses Verbotes zu vermeiden.

Es bleibt festzuhalten, dass auch eine im Ausland zulässige Inanspruchnahme einer Leihmutter mit einigen rechtlichen Fallstricken verbunden ist. Gerne beraten wir Sie hierzu ausführlich und erarbeiten mit Ihnen gemeinsam einen Lösungsweg.

Der Newsletter stellt keine individuelle Rechtsberatung dar und verfolgt ausschließlich den Zweck, über ausgewählte Themen zu informieren. Bei Fragen zum Newsletter wenden Sie sich bitte an einen genannten Ansprechpartner.