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Zielfindungsphase und Sonderkündigungsrecht im Lichte der aktuellen Rechtsprechung

Mit der Einführung des Architekten- und Ingenieursvertragsrechts (§§ 650p ff. BGB) hat der Gesetzgeber eine Pflicht des Architekten zur Vorlage von Unterlagen zur Festlegung der Planungs- und Überwachungsziele geschaffen, wenn diese bei Vertragsschluss noch nicht vereinbart sind. Nach Vorlage der Unterlagen nach § 650p Abs. 2 BGB besteht ein im Regelfall 14‑tägiges Sonderkündigungsrecht des Bestellers gemäß § 650r BGB.

Schwierigkeiten bereitet die gesetzliche Regelung insbesondere, weil – in den Worten des Arbeitskreises IV bei dem 9. Deutschen Baugerichtstag am 12./13.05.2023 in Hamm – nicht auf eine „allgemein bekannte Terminologie“ zurückgegriffen wurde, sondern insbesondere § 650p Abs. 2 BGB Begriffe wie „Planungsgrundlage“ und „Kosteneinschätzung“ neu einführt.

Mit der Anwendung der §§ 650p Abs. 2, 650r BGB in Kündigungskonstellationen waren zuletzt der Bundesgerichtshof und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main befasst.

BGH, Urteil vom 17.11.2022 – VII ZR 862/21

Im von dem BGH behandelten Fall kündigte der Besteller den nach dem 01.01.2018 geschlossenen Architekten‑/​Ingenieurvertrag wegen verschiedener Beanstandungen fristlos, nachdem der Architekt Leistungen der Leistungsphasen 1 und 2 erbracht hatte. Der Architekt klagte auf Vergütung für die erbrachten und kündigungsbedingt nicht mehr erbrachten Leistungen.

Zunächst stellt der BGH klar, dass aus einer fehlenden Festlegung der wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele bei Vertragsschluss keine Unwirksamkeit des Architektenvertrags folgt. Dem Besteller habe auch kein Kündigungsrecht nach § 650r BGB zugestanden. Eine Kündigung nach § 650r BGB könne nur <u>nach</​u> Vorlage der Unterlagen gemäß § 650p Abs. 2 BGB ausgesprochen werden. Die nach § 650p Abs. 2 BGB vorzulegende Planungsgrundlage nebst Kosteneinschätzung solle dem Besteller eine fundierte Entscheidung über den Fortbestand des Vertragsverhältnisses ermöglichen; der BGH spricht insoweit von einer „neuen Erkenntnissituation nach Vorlage der Unterlagen gem. § 650p II BGB“.

Mangels Vorlage der (vollständigen) Unterlagen gemäß § 650p Abs. 2 BGB geht der BGH von einer freien Kündigung des Bestellers aus, deren Rechtsfolge in Bezug auf die kündigungsbedingt nicht mehr erbrachten Leistungen ein Anspruch des Planers auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen und anderweitigen Erwerb ist. Maßgeblich für die Berechnung seien nur Leistungen „für die ohne die Kündigung voraussichtlich eine Vergütung verdient worden wäre“. Durch eine freie Kündigung solle der Unternehmer nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt werden. Dies führe in der hiesigen Konstellation dazu, dass der Anspruch hinsichtlich nicht erbrachter Leistungen grundsätzlich nicht die Vergütung für Leistungen umfasse, die nach einer Vorlage der Planungsgrundlage mit einer Kosteneinschätzung zur Zustimmung zu erbringen gewesen wären.

Im Ergebnis ist daher die Vergütung des Architekten auf den sich aus § 650r Abs. 3 BGB ergebenden Umfang beschränkt. Die vereinbarte Vergütung im Sinne des § 648 S. 2 BGB (abzüglich ersparter Aufwendungen und anderweitigem Erwerb) umfasst nicht die Leistungen, die nach Abschluss der Zielfindungsphase zu erbringen gewesen wären.

Diesem Urteil können folgende Erkenntnisse entnommen werden:

  • Die Wirksamkeit eines Architekten- und Ingenieurvertrag hängt nicht von der Festlegung der Planungs- und Überwachungsziele bei Vertragsschluss ab;
  • Ein Sonderkündigungsrecht nach § 650r BGB besteht erst nach Vorlage der Planungsgrundlagen mit Kosteneinschätzung;
  • Erklärt der Besteller gleichwohl vor Vorlage dieser Unterlagen die Kündigung, besteht der Anspruch nach § 648 S.2 BGB nicht für Leistungen, die nach Abschluss der Zielfindungsphase zu erbringen gewesen wären.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.05.2022 – 29 U 94/21

Das OLG Frankfurt behandelt eine Konstellation, in der der Architekt keine (ordnungsgemäßen) Planungsgrundlagen mit Kosteneinschätzung übermittelt hatte. Dennoch erbrachte er weitere Leistungen, bis der Besteller eine Kündigung aussprach. Der Kläger klagte erfolglos auf Vergütung der Leistungsphasen 1 bis 3 nach HOAI.

Zunächst betont das OLG den Stellenwert der Zielfindungsphase für die Klärung der wirtschaftlichen Umsetzbarkeit des Projekts durch den Besteller. Dementsprechend schulde der Planer eine Kosteneinschätzung, die eine überschlägige Kostenschätzung darstelle und einen Kostenrahmen beinhalten solle; welche Anforderungen insoweit konkret gelten, bleibt allerdings offen. Die Vorlage einer Kostenschätzung im Sinne der DIN 276 (als Grundleistung im Rahmen der Leistungsphase 2 nach HOAI) ersetze die Vorlage einer Kosteneinschätzung während der Zielfindungsphase nicht.

Die wirksame Zustimmung des Bestellers zu den Planungsgrundlagen nebst Kosteneinschätzung sei gesetzlich vorgesehene Voraussetzung für den Übergang von der Zielfindungsphase zum nachfolgenden Planungsauftrag und damit auch für einen dahingehenden Vergütungsanspruch.

Ohne Vorlage der vollständigen Ergebnisse der Zielfindungsphase komme eine (auch konkludente) Zustimmung des Bestellers nicht in Betracht – auch nicht durch Abruf und Entgegennahme weiterer Leistungen. Erbringt der Planer dennoch weitere Leistungen, handele es sich vielmehr um ein nicht vergütungspflichtiges „Vorpreschen“.

Die Revision ist zugelassen; eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht aus.

Die Auffassung des OLG Frankfurt lässt sich wie folgt zusammenfassen:

  • Eine Kosteneinschätzung stellt eine überschlägige Kostenschätzung dar; die spätere Vorlage einer Kostenschätzung nach DIN 276 ersetzt die rechtzeitige Übermittlung einer Kosteneinschätzung im Rahmen der Zielfindungsphase nicht;
  • Nur, wenn die Zielfindungsphase durch Zustimmung des Bestellers zu den vorgelegten Unterlagen abgeschlossen ist, sind weitere erbrachte Leistungen des Architekten/​Ingenieurs vergütungspflichtig;
  • Die vollständige Vorlage der Unterlagen nach § 650p Abs. 2 BGB ist Voraussetzung für eine Zustimmung zu dieser. Fehlt es daran, ist auch eine konkludente Zustimmung grundsätzlich nicht möglich.

Folgen für die Praxis und Ausblick

Beide gerichtlichen Entscheidungen können für Architekten/​Ingenieure weitreichende finanzielle Folgen haben. Insbesondere bei Zugrundelegung der Ansicht des OLG Frankfurt besteht die Gefahr, dass der Unternehmer in erheblichem Maße „vorprescht“, ohne hierfür eine Vergütung verlangen zu können. Aber auch der BGH betont die Pflicht des Unternehmers zur Vorlage der Planungsgrundlage mit Kosteneinschätzung im Rahmen der Zielfindungsphase.

Umso bedauerlicher ist es, dass die Frage, was in Abgrenzung zu den Grundleistungen nach HOAI notwendige Inhalte der Planungsgrundlage sind, sowie Inhalt und Form der Kosteneinschätzung (in Abgrenzung zur Kostenschätzung nach DIN 276) nebulös bleiben.

Dementsprechend herrscht (weiterhin) eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Einstimmig hat der Arbeitskreis IV bei dem 9. Deutschen Baugerichtstag am 12./13.05.2023 in Hamm die Empfehlung abgegeben, dass „im Wege einer gesetzlichen Regelung eine generelle und klar definierte Grenze für das Ende der Zielfindungsphase und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts des Bestellers“ festgelegt werden soll, um gesetzgeberische Klarheit zu schaffen.

Bis zu einer möglichen Anpassung der gesetzlichen Regelungen, muss ein Umgang mit den verbliebenen Unsicherheiten gefunden werden:

Um Diskussionen über den Inhalt der Zielfindungsphase und das Bestehen des Sonderkündigungsrechts zu vermeiden, können die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele bereits bei Vertragsschluss vereinbart werden. In diesem Fall besteht schon keine Pflicht des Architekten/​Ingenieurs, die Planungsgrundlage und Kosteneinschätzung zur Zustimmung vorzulegen. Allerdings dürfte eine derartige Vereinbarung häufig nicht in Betracht kommen, da die Erarbeitung der Planungsaufgabe bestimmungsgemäß zum Leistungsinhalt gehören soll.

In solchen Fällen empfiehlt es sich, die aus Sicht der Parteien notwendigen Inhalte der Planungsgrundlage und der Kosteneinschätzung vertraglich auszugestalten. Dies schafft zunächst bei beiden Parteien überhaupt ein Verständnis für die Problemstellung und kann Diskussionen über die Ausgestaltung der Zielfindungsphase vermeiden.

Individualvertraglich dürfte ein Ausschluss des Sonderkündigungsrechts und der Zielfindungsphase – jedenfalls im unternehmerischen Verkehr – wirksam möglich sein, nicht aber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

Bei der Leistungserbringung sollte der Architekt/​Ingenieur besonderes Augenmerk auf die Erstellung und die Vorlage der Unterlagen nach § 650p Abs. 2 BGB legen und eine ausdrückliche Zustimmung zu diesen von dem Besteller zu verlangen. Dies und ggf. das gemeinsame Verständnis der Parteien von dem Abschluss der Zielfindungsphase sollten dokumentiert werden.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Besteller Verbraucher ist. In diesem Fall erlischt das Sonderkündigungsrecht nur dann nach 14 Tagen, wenn der der Besteller über das Kündigungsrecht, die laufende Frist und die Rechtsfolgen der Kündigung bei der Vorlage der Unterlagen in Textform unterrichtet wurde. Hierauf ist dringend zu achten. Andernfalls kann das Sonderkündigungsrecht zeitlich unbegrenzt gelten.

Markus Frank

Markus Frank
Assoziierter Partner

Rechtsanwalt
(frank@redeker.de)

KI‑​basierte Anwendungen im Bauwesen

Während die öffentliche Wahrnehmung von KI‑​basierten Softwarelösungen insbesondere durch die künstliche Bearbeitung von Texten und Bildern beherrscht wird, sind auch die Anwendungsmöglichkeiten im Bauwesen – in allen Phasen des Bauvorhabens – immens. Aufgrund der vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten ist mancherorts gar von „Goldgräberstimmung“ die Rede.

  1. Anwendungen

Insbesondere im Planungsprozess stehen Architekten und Ingenieuren mittlerweile zahlreiche KI‑​basierte Planungstools zur Verfügung, die in der Lage sind, Baupläne zu analysieren, eigene Optimierungsvorschläge zu entwickeln und Vorhersagen zu den Baukosten zu treffen. Ein vielversprechender Anwendungsbereich liegt insbesondere in der Kombination mit BIM (Building Information Modeling), da sich BIM‑​Modelle so automatisch auf Optimierungspotentiale und Schnittstellenprobleme hin untersuchen lassen.

Nicht nur in der Planung, sondern auch während der Bauphase wird das bestehende Potential bereits durch verschiedene Anbieter genutzt, wobei Bildverarbeitungslogarithmen und Sensoren nicht selten in Kombination mit Drohnen genutzt werden und für eine effektive Baustellenüberwachung sorgen sollen. Der Baufortschritt soll so in Echtzeit überwachbar sein, um Probleme und Verzögerungen frühzeitig zu erkennen und gegensteuern zu können. Darüber hinaus erscheint nicht nur eine KI‑​gestützte Bauteil- und Materialanalyse möglich, sondern auch die Optimierung des Entsorgungs- und Recycling‑​Managements, um für nachhaltigere Prozessabläufe auf der Baustelle zu sorgen.

Auch für das Gewährleistungsmanagement werden KI‑​gestützte Programme angeboten, die in der Lage sein sollen, große Mengen an Daten zu analysieren, um so in kürzester Zeit potentielle Mängel zu identifizieren.

  1. Rechtliche Einordnung

Dem möglichen Nutzen stehen Risiken in Form von Programmierungsfehlern, fehlerhaften Datengrundlagen, mangelhaftem „Training“ der Software und fehlender Transparenz der Ergebnisse gegenüber, sodass sich die Frage stellt, wie diese Risiken zwischen den am Bau beteiligten Vertragsparteien verteilt sind.

a) Europäische Ebene

Spezifische Regelungen hinsichtlich des Einsatzes von KI‑​basierter Software bestehen dabei nicht, auch wenn die Thematik auf europäischer Ebene durch zwei Entwürfe der europäischen Kommission, dem Entwurf einer KI‑​Verordnung (COM (2021) 206 final) sowie dem Entwurf einer KI‑​Haftungsrichtlinie (COM (2022) 496 final) aufgegriffen wurde. Beide Entwürfe werden sich nach derzeitigem Stand jedoch nur am Rande auf die Verhältnisse zwischen den am Bau Beteiligten auswirken.

Die KI‑​Verordnung stellt verschiedene Anforderungen an die Verwendung von KI‑​Systemen, die in verschiedene Risikoklassen eingeteilt werden. Pflichten des Anbieters solcher KI‑​Systeme, wie etwa Aufklärungspflichten über den Einsatz solcher Software, werden von dem Entwurf nur für sogenannte „Hochrisiko‑​KI‑​Systeme“ vorgesehen, die im Rahmen von Bauvorhaben eine untergeordnete Rolle spielen dürften. Haftungsfragen werden von der KI‑​Verordnung bewusst ausgeklammert (hierzu näher: Schulz‑​Große/​Genske GuP 2023, 81).

Auch der Entwurf der KI‑​Haftungsrichtlinie regelt nach derzeitigem Stand nur außervertragliche bzw. deliktische Schuldverhältnisse und wäre damit nur am Rande eines Bauvorhabens, etwa im Verhältnis des Bauherrn zu Nachbarn und im Verhältnis von nicht vertraglich verbundenen (Nach‑)Unternehmern oder als Auffangregelung von Interesse. Der Entwurf sieht verschiedene Beweiserleichterungen für den durch den Einsatz von KI‑​Systemen Geschädigten vor, in dem unter bestimmten Voraussetzungen sowohl die Kausalität zwischen Sorgfaltspflichtverletzung und dem Ergebnis des KI‑​Systems sowie zwischen dem Ergebnis des KI‑​Systems und dem eingetretenen Schaden vermutet wird. Dies gilt für Hochrisiko‑​KI‑​Systeme sowie auch für andere Systeme, wenn das Gericht der Überzeugung ist, dass ansonsten der Nachweis für den Geschädigten übermäßig schwierig ist. Ebenso wird die Offenlegung bestimmter Informationen des Einsatzes des KI‑​basierten Systems verlangt. Trainings‑, Validierungs- und Testdatensätze wären hiernach nach einem geeigneten System aufzubewahren.

Beide Entwürfe zeigen zudem, dass schon im Ausgangspunkt die Definition des Begriffs der künstlichen „Intelligenz“ nicht unproblematisch ist und eine Abgrenzung von anderen technischen Lösungen nicht trennscharf möglich ist. Beide Vorschläge weisen insoweit ein recht weites Begriffsverständnis auf.

b) Bauvertragsrecht

Im Rahmen der grundsätzlichen Risikoverteilung des (deutschen) Bauvertragsrecht, bestehen beim Einsatz KI‑​basierter Systeme zunächst kaum Besonderheiten; das gilt uneingeschränkt zumindest im Hinblick auf die verschuldensunabhängigen Ansprüche des Auftraggebers. Der Planer schuldet eine ausführbare und fehlerfreie Planung, der Bauunternehmer ein funktionsfähiges Bauwerk. Steuert der Auftraggeber die Planung bei, muss er sich diesbezügliche Planungsfehler anrechnen lassen, usw. Der Einsatz KI‑​basierter Software ändert hieran nichts.

Einer weiteren Differenzierung bedarf es jedoch bei den verschuldensabhängigen Ansprüchen des Auftraggebers. Zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs (statt der Leistung/​neben der Leistung) hätte der Auftraggeber darzulegen und nachzuweisen, dass dem Auftragnehmer eine Sorgfaltspflichtverletzung anzulasten ist. Hierbei wird zunächst vermutet, dass der Auftragnehmer diese (im Rahmen von Vorsatz oder Fahrlässigkeit) zu vertreten hat. Der Auftragnehmer müsste sich also hinsichtlich des Ergebnisses des von ihm verwendeten KI‑​Systems damit entlasten, dass das System den technischen Standards entspricht, nicht fehlerhaft programmiert, trainiert oder überwacht wurde. Kann er dies nicht, haftet er gegenüber dem Auftraggeber für die daraus entstandenen Schäden. Realisieren sich bei der Nutzung von KI‑​Systemen jedoch keine der vorgenannten „menschgemachten“ Fehler, sondern das sogenannte Autonomierisiko – also das Risiko autonomer Fehlentscheidungen des Systems, die sich trotz ordnungsgemäßer Programmierung und Überwachung nicht vermeiden lassen – dürfte ein verschuldensunabhängiger Anspruch in Ermangelung eines menschlichen Fehlverhaltens grundsätzlich ausscheiden. Es sei denn, dass man den Einsatz KI‑​basierter Systeme bereits grundsätzlich als fahrlässig ansehen würde, was aber insbesondere dann, wenn die Verwendung des KI‑​Systems vertraglich vereinbart oder vorausgesetzt wurde oder zu einem allgemein anerkannten, zuverlässigen Planungstool geworden sein sollte, zu weitgehend sein dürfte. Eine andere Beurteilung ließe sich allenfalls bei besonders sicherheitsrelevanten Aspekten der Planung oder Bauausführung rechtfertigen, wie etwa bei der Erstellung einer Gebäudestatik. In solchen Fällen könnte es bereits Fahrlässigkeit darstellen, sich überhaupt auf Ergebnisse des KI‑​Systems zu verlassen. Letztlich ist aber auch diese Konstellation dem Bauvertragsrecht bzw. der diesbezüglichen Rechtsprechung nicht fremd, wenn aus anderen Ursachen trotz Einhaltung aller Sorgfaltspflichten und Regeln der Technik, ein Verschulden des Auftragnehmers ausscheidet und ein Werkerfolg trotzdem nicht herbeigeführt werden konnte.

  1. Ausblick

Vom Harmonisierungsgedanken auf europäischer Ebene abgesehen, ist insoweit zunächst wenig grundsätzlicher Handlungsbedarf beim deutschen Gesetzgeber in Bezug auf das Baurecht ersichtlich. Der Teufel steckt jedoch im Detail, sodass beim Einsatz von KI‑​Systemen am Bau vor allem die Vertragsgestaltung der Parteien gefragt sein dürfte. Hierbei kommen zunächst Informations- und Offenlegungspflichten in Betracht, ob und inwieweit auf ein KI‑​basiertes Softwareprogramm zurückgegriffen werden soll. Haftungsfragen sollten – ggf. innerhalb AGB‑​rechtlicher Grenzen – geklärt werden und die Parteien sollten sich über Sorgfaltspflichten im Hinblick auf Programmierung, Training, Validierung der Trainingsergebnisse und Überwachung verständigen sowie über die Pflicht, dahingehende Aufzeichnungen auf geeignete Art und Weise aufzubewahren, um spätere potentielle Fehler bestmöglich nachvollziehen zu können. Die europäischen Entwürfe können hierbei als Orientierung dienen.

Neue Veröffentlichungen

Tysper, Stefan. Erfolgreiche Anfechtung eines Umlegungsbeschlusses im Innenbereich und im vollen Instanzenzug. Anmerkung zu OLG Hamm 16. Zivilsenat, Urteil vom 23.02.2023 – 16 U 2/18. In: jurisPR ÖffBauR 2023, Heft 7, Anm. 2.

Merkens, Dieter. Unwirksamkeit des mangelgestützten Kündigungsrechts vor Abnahme in VOB/​B. Anmerkung zu BGH 19.01.2023 – VII ZR 34/20. In: NZBau 2023, S. 305 f.

Prof. Dr. Burkhard Messerschmidt, Bartholomäus Aengenvoort, Markus Frank, Dr. Heike Glahs, Philipp Hummel, Daniel Hürter, Alexander Leidig, Dr. Udo Söns u.a..
BeckOK, HOAI, 9. Edition Stand: 31.07.2023.

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