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Das neue Stiftungsrecht

Das Stiftungsrecht, das die Entstehung und die Verfassung der rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts bestimmt, beruht derzeit auf Bundesrecht und Landesrecht. Dieses Nebeneinander führte in der Vergangenheit immer wieder zu Streitfragen und Rechtsunsicherheit bei Stiftern und Stiftungen. Nach langen Jahren des Reformprozesses tritt in Kürze, am 01.07.2023 das reformierte, erstmals bundesweit einheitliche Stiftungszivilrecht in Kraft. Am 01.01.2026 folgt die Einführung eines Stiftungsregisters, das für mehr Transparenz und damit Erleichterungen im Rechtsverkehr sorgen soll. Mit Einzelheiten und Besonderheiten des reformierten Rechts befasst sich unser Newsletter Corporate, den Sie hier abonnieren können.

Anlässlich der Reform geben wir an dieser Stelle eine Einführung ins Stiftungsrecht und blicken auf die Stiftung als Instrument der Nachfolgeplanung. In den kommenden Ausgaben informieren wir Sie über die wesentlichen Schritte zur Errichtung einer Stiftung und blicken auf eine Streitfrage, die sich im erbrechtlichen Zusammenhang immer wieder stellt: Die Zulässigkeit einer Dauertestamentsvollstreckung bei Stiftungen.

Die Stiftung – ein Überblick

Wer eine Stiftung gründet, trennt sich dauerhaft von seinem Vermögen, damit aus den Erträgen dieses Vermögen ein bestimmter Zweck verfolgt werden kann. Das Vermögen selbst (der sog. Grundstock) muss dagegen grundsätzlich unangetastet bleiben (eine Ausnahme dazu bildet die Verbrauchsstiftung; siehe unten). Dieser Grundstock gehört fortan der Stiftung, nicht mehr dem Stifter. Die Stiftung hat – anders als eine Gesellschaft – keine Gesellschafter, vielmehr „gehört sie sich selbst“, wie es oft heißt.

Unterliegt jede Stiftung dem neuen Stiftungsrecht?

Das neue Recht gilt nur für die rechtsfähige Stiftung gemäß §§ 80 ff. BGB, die indes den praktisch häufigsten Fall der Stiftung (im weiteren Sinne) bildet. Sie bezeichnet – wie zuvor beschrieben – eine Vermögensmasse, die durch privatrechtliches Stiftungsgeschäft und staatliche Anerkennung eine eigene Rechtspersönlichkeit erwirbt. Die Stiftung hat einen Vorstand, der das Vermögen verwaltet und den Stiftungszweck verfolgt. Die Personen, die nach der Satzung begünstigt werden sollen, nennt man Destinatäre.

Gegenbegriff ist die nichtrechtsfähige Stiftung (auch unselbständige Stiftung oder Treuhandstiftung genannt). Hier schließt der Stifter mit einem Treuhänder einen Vertrag (das Stiftungsgeschäft). Treuhänder kann jede natürliche oder juristische Person sein. Es handelt sich regelmäßig um eine Schenkung mit der Auflage das Vermögen in einer bestimmten Art und Weise zu verwalten. Der Aufwand für die Gründung und Verwaltung einer unselbständigen Stiftung kann im Einzelfall geringer sein, als bei der Gründung einer rechtsfähigen Stiftung. Unselbständige Stiftungen unterliegen – anders als rechtsfähige Stiftungen – auch nicht der Stiftungsaufsicht. Eine eigene Rechtspersönlichkeit haben diese Stiftungen aber nicht.

Umgangssprachlich werden mitunter auch gemeinnützige Vereine oder gemeinnützige GmbHs als „Stiftungen“ bezeichnet. Rechtlich ist das nicht zutreffend, zumal nicht alle Stiftungen gemeinnützig sind. Dennoch können solche Konstruktionen (etwa als Familien‑​Holding) ähnliche Zwecke wie Stiftungen erfüllen und als Gestaltungsalternativen in Betracht kommen.

Sind alle Stiftungen gemeinnützig?

Stiftungen können gemein- oder privatnützig sein. Die Anerkennung als gemeinnützig setzt voraus, dass die Stiftung unmittelbar und ausschließlich einen der in §§ 52 ff. AO genannten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck verfolgt. Privilegierte Zwecke sind etwa die Förderung der Jugend- und Altenhilfe, von Kunst und Kultur, des Sports oder des demokratischen Staatswesens. Die weit überwiegende Anzahl der deutschen Stiftungen ist gemeinnützig. Die rechtliche Folge ist eine steuerrechtliche Privilegierung in vielen Bereichen, so sind gemeinnützige Stiftungen etwa von der Gewerbe‑, Grund‑, Körperschafts- und Erbschaftsteuer befreit.

Ein typisches Beispiel für privatnützige Stiftungen sind sog. Familienstiftungen. Sie sind zulässig, kommen aber nicht in den Genuss derselben steuerlichen Vergünstigungen, die die Gemeinnützigkeit mit sich bringt. Hier stehen regelmäßig Erhalt eines Unternehmens, dauerhafte Absicherung der Angehörigen und die Schaffung professioneller Strukturen zur Verwaltung des Familienvermögens im Vordergrund.

Unzulässig sind hingegen Stiftungen, die allein den Stifter fördern oder dem Erhalt ihres eigenen Vermögens dienen sollen (sog. Selbstzweckstiftung).

Wie entsteht eine Stiftung?

Die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung erfolgt zu Lebzeiten durch das Stiftungsgeschäft des Stifters, das aus der Erklärung besteht, ein gewisses Vermögen für die Verfolgung eines gewissen Zwecks (des Stiftungszwecks) einsetzen zu wollen. Der Stiftungszweck ist das Herzstück der Stiftung, an dem sich das gesamte weitere Wirken ausrichtet. Er sollte daher mit großer Sorgfalt bestimmt werden, auch weil eine Anpassung (etwa an geänderte Gegebenheiten) nur unter strengen Voraussetzungen möglich ist. Im Rahmen dieses Stiftungsgeschäfts gibt der Stifter der Stiftung auch ihre Satzung. Anschließend muss die zuständige Stiftungsbehörde die Stiftung anerkennen. Erst mit diesen beiden Elementen – Stiftungsgeschäft und Anerkennung – erlangt die Stiftung ihre Rechtsfähigkeit. Erst jetzt kann (und muss) der Stifter das zugesagte Vermögen an die Stiftung übertragen.

Das Gesetz lässt daneben die Gründung einer Stiftung von Todes wegen in der Form einer letztwilligen Verfügung zu. Die Anerkennung erfolgt dann erst nach dem Erbfall. Die Stiftung gilt für die Zuwendungen des Stiftenden dennoch als schon vor dessen Tod entstanden und kann daher wirksam bedacht werden.

Muss eine Stiftung auf Ewigkeit angelegt sein?

Das Leitbild der rechtsfähigen Stiftung ist ein verselbständigtes Vermögen, das auf Ewigkeit erhalten bleibt und Erträge abwirft, die für den Stiftungsweck verwendet werden dürfen und sollen, während das Grundstockvermögen selbst nicht angegriffen werden darf. Seit 2013 ist als Alternative die sog. Verbrauchsstiftung zugelassen, die einen zeitlich begrenzten Zweck durch Einsatz auch des Grundstockvermögens verfolgt (sich eben „verbraucht“), sofern dies auf mindestens zehn Jahre angelegt ist, § 80 Abs. 2 S. 2 BGB.

Wer kontrolliert die Stiftung?

Mit der wirksamen Errichtung der Stiftung durch Stiftungsgeschäft und Anerkennung wird die Stiftung vom Stifter gänzlich unabhängig. Sie handelt fortan durch ihren Vorstand (der freilich vom Stifter bestimmt werden, dem er auch selbst angehören kann). Der Vorstand wiederum unterliegt – bei der rechtsfähigen Stiftung – der Stiftungsaufsicht, die zu kontrollieren hat, dass die Stiftung ihr Vermögen gemäß den Vorgaben der Stiftungsverfassung verwaltet, und für die Zweckerfüllung verwendet. Entspricht die Vermögensverwaltung nicht den Anforderungen der Stiftungsverfassung, kann mit aufsichtsrechtlichen Mitteln eingegriffen werden.

Die Stiftung als Instrument der Nachfolgeplanung

Besonderer Beliebtheit erfreut sich die Stiftung im Bereich der Nachfolgeplanung. Es kann sehr unterschiedliche Gründe dafür geben, die Errichtung einer Stiftung von Todes wegen in Betracht zu ziehen, seien es gesellschaftliches Engagement, atypische Familienkonstellationen, Wunsch des langfristigen Vermögenserhalts oder die steuerliche Gestaltung.

Wie groß muss ein Vermögen sein, damit eine Stiftung in Betracht kommt?

Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass Stiftungen nur bei exorbitanten Vermögen möglich oder sinnvoll sind. Tatsächlich verfügen 70 % der Stiftungen in Deutschland über ein Vermögen von unter 1 Mio. €. Kleine, gemeinnützige Stiftungen sind also geradezu der Regelfall. Es gibt bislang keine bundesweit einheitliche Regelung über die Mindestausstattung einer Stiftung. Nach verbreiteter Auffassung sollen bereits 50.000 € bis 100.000 € ausreichen. Letztlich sind Zulässigkeit und Sinnhaftigkeit einer Stiftung bei „kleineren“ Vermögen immer im Einzelfall zu prüfen, ausgeschlossen ist diese Gestaltungsoption aber nicht. Insbesondere die Möglichkeit einer Verbrauchsstiftung kann bei kleineren Vermögen attraktiv sein.

Ich weiß nicht, wen ich zum Erben einsetzen soll – ist eine Stiftung sinnvoll?

Nicht minder wichtig als das Stiftungsvermögen ist die Stiftungsorganisation. Die Stiftung beantwortet zwar die Frage, wer das Vermögen erhält, benötigt aber einen (zu bestimmenden) Vorstand, andernfalls sie nicht handlungsfähig wäre. Es sollten mithin Personen in Betracht kommen, denen die Stifterin bzw. der Stifter die Verwaltung zutraut. Bei einer Stiftung von Todes wegen kann die konkrete Besetzung des Vorstandes ggf. auch einem Testamentsvollstrecker überlassen werden; dann muss aber zumindest eine Person für dieses Amt bereitstehen.

Kommen im Einzelfall schlicht keine geeigneten Personen für die Verwaltung in Betracht, kann der Anschluss an eine bestehende Struktur eine sinnvolle Alternative zur Gründung einer neuen Stiftung sein, möglicherweise existiert bereits eine Stiftung mit einem ähnlichen Zweck, die durch eine umfangreiche Spende oder Zustiftung gefördert werden kann.

Kann ich mit einer Stiftung Steuern sparen?

Eine Stiftung ist nicht per se ein „Steuersparmodell“. Richtig ist, dass an die Gemeinnützigkeit weitreichende Steuervergünstigungen geknüpft sind, von denen auch und gerade Stiftungen profitieren können. Stifter und Spender können ihre Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen im gewissen Rahmen steuerlich geltend machen. Die Gemeinnützigkeit ist hier das Entscheidende, nicht die Rechtsform der Stiftung. So können von der Gemeinnützigkeit auch Körperschaften wie die gemeinnützige GmbH profitieren. Privatnützige Stiftungen, wie etwa Familienstiftungen, können zwar vereinzelte Steuervorteile genießen. Sie unterliegen andererseits einer alle 30 Jahre wiederkehrenden, fiktiven Erbschaftssteuer, weil sie nicht „sterben“ können (der Erbersatzsteuer).

Gestaltungsspielraum gibt es dennoch. Das bekannteste Beispiel hierfür ist das sog. Drittelprivileg, dass es auch einer (steuerbefreiten) gemeinnützigen Stiftung gestattet, bis zu einem Drittel ihrer jährlichen Leistungen an den Stifter oder seine Familie zu tätigen, um ihren angemessenen Unterhalt oder die Pflege ihres Andenkens sicherzustellen. Die Familienstiftung bietet zwar aufgrund der Erbersatzsteuer keine unmittelbaren steuerlichen Vorteile im Erbfall, erlaubt aber unter Umständen eine einfachere Übertragung von Betriebsvermögen.

Was ist der richtige Zeitpunkt für die Errichtung?

Grundsätzlich hat der Stifter die Wahl, die Stiftung unter Lebenden oder von Todes wegen zu errichten.

Die Gründung zu Lebzeiten hat viele Vorteile. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist, dass der Stiftende im Gründungsprozess ggf. noch steuernd eingreifen kann, authentisch selbst zu seinem Willen vortragen und etwaige Rückfragen der Stiftungsaufsicht beantworten kann. Wichtig ist auch, dass die steuerrechtlichen Privilegien erst ab dem Zeitpunkt der Anerkennung greifen, nicht bereits mit dem Tod des Stifters. Verzögert sich diese bei einer Gründung von Todes wegen, entsteht eine steuerlich nicht begünstigte Zwischenphase (BFH, Urt. v. 6.6.2019 – V R 50/17).

Soll die Errichtung von Todes wegen erfolgen, ist zu beachten, dass der Stifter die Kernpunkte der Satzung in Testamentsform selbst festlegen muss. weitere Details wenigstens regeln sollte Unvollständige Satzungen können bis zu einem gewissen Grad zwar von der Stiftungsbehörde ergänzt werden. In Kernfragen geht das aber nicht; auf diese Möglichkeit sollte man sich daher nicht verlassen

Wer nicht sein gesamtes Vermögen schon zu Lebzeiten in eine Stiftung einbringen will, kann sich für ein „Kombinationsmodell“ entscheiden: Die Stiftung kann zu Lebzeiten mit einer gewissen Ausstattung gegründet werden. Der Stiftungsakt ist einfacher, etwaige Abstimmungen mit dem Finanzamt oder der Stiftungsaufsicht kann der Stifter noch selbst vornehmen. Im Todesfall kann die Stiftung dann weiteres Vermögen erhalten, das so bereits in eine bestehende und funktionierende Struktur gegeben wird.

Fazit

Die Stiftung ist sowohl für die Verfolgung ideeller Zwecke als auch für komplexere Familienstrukturen und die Unternehmensnachfolge eine attraktive Option, und dies bereits ab Vermögen mittlerer Größe. Ob die Stiftung im Einzelfall „passt“, hängt von den konkreten Zielen, den angedachten Destinatären, Umfang und Struktur des Vermögens sowie steuerlichen Erwägungen ab. Die Gründung einer Stiftung noch zu Lebzeiten ist häufig vorzugswürdig. Der Stifter kann so in die Abstimmung mit der Stiftungsbehörde bzw. dem Finanzamt einbezogen werden, kann die Geschicke der Stiftung als Vorstand selbst noch beeinflussen. Soll die Gründung von Todes wegen erfolgen, ist besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der erbrechtlichen Formalien und die Formulierung der wesentlichen Satzungsbestimmungen zu legen. Wir beraten Sie gerne.

Philipp Georg Kampmann

Dr. Philipp Georg Kampmann
Senior Associate

Rechtsanwalt
(kampmann@redeker.de)

Hans-Peter Hoh

Hans‑​Peter Hoh
Partner

Rechtsanwalt
(hoh@redeker.de)

Patrick Schäfer

Dr. Patrick Schäfer
Senior Associate

Rechtsanwalt
(patrick.schaefer@redeker.de)

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