Der 8. Senat des BAG hat am 25.9.2018 (8 AZR 26/18) entschieden, dass Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Pauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB haben. Ausweislich der Pressemitteilung des BAG schließt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung sowohl einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten als auch einen materiell‑rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch den Anspruch auf Verzugspauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB aus.
In der Rechtsprechung der Arbeits- und Landesarbeitsgerichte war seit Inkrafttreten des § 288 Abs. 5 BGB umstritten, inwieweit Arbeitnehmer ein Anspruch auf Verzugspauschale zusteht. Entgegen der sich abzeichnenden überwiegenden Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur hat das BAG entschieden, dass § 288 Abs. 5 BGB auf Vergütungsansprüche aus einem Arbeitsverhältnis nicht anzuwenden ist. Die Begründung des Urteils des BAG liegt noch nicht vor. Im Urteil des Landesarbeitsgerichts wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Wortlaut des § 288 Abs. 5 BGB arbeitsrechtliche Ansprüche nicht ausschließe. Der Anwendung stehe § 12a ArbGG nicht entgegen, da dort nicht ausdrücklich die Kosten einer Verzugspauschale ausgenommen seien. Im Übrigen diene § 288 Abs. 5 BGB der Umsetzung der EU‑Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr, die der deutsche Gesetzgeber mit dieser Norm bewusst übererfüllt habe. Des Weiteren erscheine es als systemwidrig, wenn ein Arbeitnehmer zwar einen gesetzlichen Verzugszins nach § 288 Abs. 1 BGB geltend mache könne, ihm jedoch der Pauschalschadensersatz nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB verwehrt bliebe.
Das BAG hat sich in zwei Entscheidungen vom 20.6.2018 (Az.: 5 AZR 377/17) und 18.9.2018 (9 AZR 162/18) mit der Wirksamkeit einer tarifvertraglichen und einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist beschäftigt, die beide den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich ausgenommen hatten. Während der 5. Senat entschieden hat, dass eine tarifliche Ausschlussfrist insoweit unwirksam ist, wie sie den gesetzlichen Mindestlohn nach § 3 MiLoG nicht ausdrücklich vom Verfall ausnimmt, hat der 9. Senat für eine arbeitsvertragliche Verfallfrist entschieden, dass sie insgesamt unwirksam ist, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen wurde.
§ 3 S. 1 Mindestlohngesetz bestimmt, dass Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam sind. Diesem Wortlaut entspricht die Entscheidung des 5. Senats, wonach eine tarifvertragliche Verfallklausel, die den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnimmt, nicht insgesamt, sondern nur insoweit unwirksam ist, so dass der Arbeitnehmer diesen Anspruch auch nach Ablauf der Verfallfrist ungehindert geltend machen kann. Die Entscheidung des 9. Senats von 18.9.2018 geht jedoch darüber hinaus, indem danach eine Verfallklausel insgesamt unwirksam sein soll. Der 5. Senat des BAG hatte zuvor die Unwirksamkeit einer Verfallklausel insgesamt angenommen, wenn diese im Geltungsbereich einer Mindestentgeltregelung nach dem AEntG abgeschlossen wurde (BAG vom 24.8.2016 – 5 AZR 703/15).
Eine Vielzahl von Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen müssen überprüft und an die neue Rechtsprechung angepasst werden. Bei künftigen Vereinbarungen wird darauf zu achten sein, dass bei Ausschlussfristen ausdrücklich der zu zahlende Mindestlohn nach § 3 Satz 1 MiLoG ausgenommen wird.
Axel Groeger
partner
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